Donnerstag, 24. Dezember 2015

Arbeit und Gedanken 1

Während ich bekocht werde, darf ich mich vor meinem Computer vergnügen und überbrücke die Zeit bis zum Essen damit, euch kurze Einblicke in die Arbeit bekannter Autoren zu gewähren.

Harry Mulisch (1927 - 2010) hat es anscheinend mit den Prämissen seiner Werke nicht übertrieben, was beweist, dass die Notwendigkeit einer solchen nicht in Stein gemeißelt ist.
"Und erst, wenn das Ding fertig ist, sagt man: 'Ah, dieser Roman handelt von Schuld und Sühne', oder so etwas." (H. Mulisch)

Und da bin ich schon beim passenden zweiten Zitat von Harry Mulisch:
"Ich denke überhaupt, beim Schreiben ist das Wichtigste, dass man seine eigene Intuition ernst nimmt."

Für ihn stehen die Figuren vor der Handlung, aber das ist eben auch nur eine Möglichkeit der Herangehensweise an einen Text.

Marcel Beyer (*1965) sagt in Zusammenhang mit seinem Roman 'Flughunde':
"Nach vier Jahren Arbeit an dem Roman komme ich erst selber so langsam dahinter: Mir wird klar, dass bestimmte Verhaltensweisen und Erfahrungen - und wie man mit denen umgeht, zum Beispiel mit Reden und Schweigen -, dass das auch durch die Generationen weitergetragen wird. Selbst, wenn ich nicht in dieser Zeit gelebt habe, trage ich doch Spuren davon in mir."

In seinem Roman beschreibt M. Beyer seine Figur Karnau, die an Menschenversuchen beteiligt ist, anfangs aber seriös und harmlos erscheint.
"Aber diese Verdopplung der Person, dass er eben auf der anderen Seite ein ganz normaler Mensch ist, ... das hinzukriegen und das auch beim Schreiben auszuhalten, das war eigentlich das Schwierigste."
Ihn erstaunt am Ende seiner Arbeit die Erkenntnis, dass Menschen, die im Dritten Reich Schreckliches getan haben, diese Tatsache tatsächlich erfolgreich verdrängen oder einfach vergessen.

Pavel Kohout (*1928) macht sich ebenfalls Gedanken über die Ursachen von Verbrechen:
"Das Schreckliche ist doch, dass es immer wieder ganz normale Leute sind, die sich zu soetwas verführen lassen. Die Haut der menschlichen Zivilisation ist offenbar nach wie vor so dünn, dass sie bei der kleinsten Erschütterung zerreißt, und darunter sind dann die schlimmsten Atavismen."

Sarah Kirsch (1935 - 2013) antwortet auf die Frage, ob sie eine 'Dorfschreiberin' sei:
"Nein. Es gibt von Jossif Brodskij, dem russischen Dichter, der in Amerika lebt, ein schönes Wort - in dem er sagt, dass man am ausgefransten Rand der Provinz das Muster des Teppichs am besten erkennen kann."

Die Zitate habe ich dem Buch
'Von Autoren und Büchern - Klaus Bednarz und Gisela Marx im Gespräch mit Schriftstellern', Hoffmann und Campe, 1997
entnommen.

Damit schließe ich und wünsche denen, die Heiligabend und Weihnachten feiern, ein wunderbares Fest, allen anderen ein angenehmes, langes Wochenende!


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