Mittwoch, 19. August 2015

Leseprobe

Um einen kurzen Einblick ins Buch zu geben, habe ich einen Teil des Kapitel 14 kopiert.
Wer mehr lesen möchte, kann das auf den Seiten des Niebank-Rusch Fachverlags oder über Amazon.
Viel Vergnügen!



 Spiel der Tänzerin

»Oh, wie schön Sie es haben.« Sie stand mitten im Wohnzimmer, breitete die Arme aus und drehte sich.
Nein, natürlich würde er sie niemals bitten, zu gehen.
»Mein Mann meint, ich könne jederzeit ...« Sie sah ihm entgegen, ihren Hals gestreckt, das Kinn erhoben. Ihre Lippen glänzten matt. Karl senkte den Blick auf seine vor dem Bauch gefalteten Hände, die er hastig in die Hosentaschen steckte.
»Selbstverständlich bin ich jederzeit für Sie da. Ihr Mann und ich, nun, wir haben neulich einen, sagen wir, einen ganz interessanten Abend miteinander verbracht.« Er zog ein frischgebügeltes weißes Tuch aus der Hosentasche und tupfte sich die Stirn. Das ist mir alles zu viel, dachte er. Ich habe doch gar keine Ahnung, wie man eine Frau verführt, wenn es überhaupt das ist, was ich will. Warum ist sie hier? Was soll ich mit ihr anfangen? Sein Blick irrte zur Kommode. Das Bild seiner Mutter warf gespiegelten Flammenschein in den Raum. Obwohl er nichts erkennen konnte, war ihm, als grinse ihr sonst so verkniffener Mund.
»Es ist schon gut«, unterbrach sie seine Gedanken. »Ich kenne meinen Mann. Es gibt keinen Grund, ein weiteres Wort über ihn zu verlieren. Er verliert genügend über sich selbst.« Miriam lachte auf.
»Bitte nehmen Sie Platz und seien Sie versichert, dass mir ihr Besuch ein Vergnügen ist.«
Amüsiert fragte sie: »Sagt man das so? In Ihren Kreisen, meine ich?«
»In meinen Kreisen?«
»Na ja«, sie blickte sich um und nickte anerkennend. »Geschmackvoll, teuer. Und Sie leben hier ganz allein?«
»Ja.« Er räusperte sich. »Was darf ich Ihnen anbieten?« Karl spürte sein Erröten, als käme ihm jemand mit einem glühenden Eisen zu nahe, und biss sich auf die Lippen. Miriam betrachtete ihn unverwandt.
Ihr Blick ist hungrig, dachte er und ein leichtes Unwohlsein mischte sich in seine Aufgeregtheit. Wie albern! Sie wird mich wohl kaum fressen. Als sein Blick das Bild seiner Mutter streifte, hörte er ein Wispern. »Bis auf den letzten Tropfen, den allerletzten, wird sie dich aussaugen, Bürschchen.«
Auf dem Weg in die Küche konzentrierte er sich darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen und gleichzeitig seinen Rücken gerade zu halten.
»Es ist wirklich nett, dass Sie mich besuchen. Leider hatte ich neulich keine Zeit, mich vorzustellen.« Einen Kaffeefilter in der erhobenen Hand schlenderte er betont lässig ins Wohnzimmer zurück. »Oder möchten Sie lieber eine Tasse Tee? Wegen der Kälte?«
Miriams Augen fingen Karls Blick ein. Sie lächelte, streifte die roten Lackschuhe von den Füßen, und zog die Beine seitlich aufs Polster.
»Mögen Sie Tee?« Karl ärgerte sich. Dieses verdammte Krächzen in der Stimme!
»Sie sind süß. Wirklich.«
Er stand still und blickte die Wand an. Machte sie sich lustig?
»Haben Sie ein Glas Sekt oder Champagner? Für uns beide?«
Nervös eilte Karl in die Küche zurück. Die Tür des Kühlschranks stieß hart gegen sein Knie. »Natürlich habe ich Champagner. Auch Sekt und Rotwein und alles, was du willst«, murmelte er und wischte sich den Schweiß mit einem Geschirrtuch von der Stirn.
Mit der Flasche in der Hand richtete er sich auf und suchte an der Arbeitsplatte Halt. »Ich kann nicht«, flüsterte er. »Ich muss dieses Schauspiel unterbrechen.« Doch er wusste nur zu gut, dass er kein Zuschauer war, der den Saal einfach verlassen konnte, wenn ihm die Vorstellung nicht gefiel. Er selbst stand nämlich auf der Bühne und der Vorhang hatte sich bereits geöffnet. Dieses Mal saß er nicht in der Loge, um irgendein Stück von oben herab anzusehen. Nein, er war der Hauptakteur, der nur noch auf sein Stichwort wartete. In jedem Fall war es zu spät, die Flucht zu ergreifen, es sei denn, Miriam, der Star dieser ganzen Inszenierung, unterbrach die Vorstellung.
»Was bin ich nur für ein Idiot«, schalt Karl sich leise und drehte an dem Draht der Flasche. Da hatte er endlich, wovon er seit Wochen träumte, eine Situation, in der er sich beweisen konnte, und alles, was er zustande brachte, waren Stottern, Erröten und Fluchtgedanken. Vorsichtig löste er den Korken aus dem Hals und schenkte ein. Zwei Gläser balancierend, die Flasche im Arm und kurz davor, zu stolpern, betrat er das Wohnzimmer.
Sie saß noch immer mit angewinkelten Beinen auf dem Sofa und sah ihm entgegen.
Miriam rutschte ein Stück zur Seite und klopfte mit der flachen Hand auf das Polster neben sich. Karl hätte lieber ihr gegenüber in einem der tiefen Sessel Platz genommen, setzte sich dennoch auf die Couch und atmete ihr Parfum. Veilchen, er hatte es gewusst!
»Auf eine fruchtbare Nachbarschaft.« Miriam hob ihm ihr Glas entgegen.
»Worauf?«, lachte er verblüfft.
Ihr Champagnerkelch berührte seinen mit leisem Klirren und auch sie lachte. »Sagt man das nicht so?«
Karl zuckte die Schultern. »Vielleicht, ja.« Verlegen leerte er sein Glas in einem Zug und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Miriam ihre langen Beine hin- und herrückte, als suche sie nach der gemütlichsten Position.
»Ich könnte mich in den Sessel setzen«, sagte er, aber schon lag ihre Hand auf seiner.
»Oh bitte«, flüsterte sie, »bleiben Sie ein wenig bei mir.«

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